Moin, Moin!
In den letzten Wochen ist mir ein Wort durch den Kopf gegangen. Es ist dort herumgeschwirrt. Hat sich eingenistet. Ich bin es nicht losgeworden. Ausgelöst durch Entmutigung, Hoffnung- und Perspektivlosigkeit, Krankheiten, einem drehen im Kreis, Sorgen im Alltag, sprunghafter Anstieg von Reparaturen im Haushalt, irgendwie der Wurm drin …
Mein Leben versandet. Es verläuft sich im Sand. Ich habe es nicht im Griff. …. So ging mir dieses ‚versanden‘ nicht mehr aus dem Kopf. Irgendwo habe ich doch schon mal dazu einen Text gelesen. Ich durchforstete meinen PC. Ging gedanklich ein paar Autoren durch, die ich mit diesem Wort in Verbindung bringen konnte. Und dann endlich fand ich eine Autorin, deren Gebete und Texte ich sehr mag. Lange nicht gelesen. Nach ein paar Seiten fand ich dann die Worte die ich gesucht habe.
An unerträglichen Tagen
Die Last des Tages
annehmen,
sich ihr geduldig
beugen.
Nicht wissen müssen,
ob die Kraft
noch ausreicht
für morgen.
Den heutigen Tag
bestehen.
Das ist genug.
Die Last des Tages
annehmen.
Nicht,
weil sie tragbar ist,
nicht,
weil du stark genug bist,
nicht,
weil kein Fluchtweg offensteht.
Die Last des Tages
annehmen,
weil Einer da ist,
der zu dir sagt:
„Ich stärke dich.“
Herr, mein Gott,
es gibt Tage,
an denen alles versandet ist:
die Freude,
die Hoffnung,
der Glaube,
der Mut.
Es gibt Tage,
an denen ich meine Lasten
nicht mehr zu tragen vermag:
meine Krankheit, meine Einsamkeit,
meine ungelösten Fragen,
mein Versagen.
Herr, mein Gott,
lass mich an solchen Tagen erfahren,
dass ich nicht allein bin,
dass ich nicht durchhalten muss
aus eigener Kraft,
dass du mitten in der Wüste
einen Brunnen schenkst
und meinen übergroßen Durst stillst.
Lass mich erfahren,
dass du alles hast und bist,
dessen ich bedarf.
Lass mich glauben, dass du meine Wüste
in fruchtbares Land
verwandeln kannst.
Sabine Naegeli, Du hast mein dunkel geteilt, Herder Verlag, S. 18f